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Der gewählte Standort der im Jahr 1925 erbauten Trocknerei war kein Zufall – in Parpan sind die Voraussetzungen zur Herstellung von Bündner Trockenfleisch-Spezialitäten ideal. Das Tal ist durch die Nord/Südöffnung geradezu prädestiniert für die natürliche Lufttrocknung. Von Süden der Föhn, vom Norden die Biese und hinter dem Haus der Bach sowie ein Stück Wald.

Die Natur gibt uns den Takt vor und der Klimawandel nagt an unserem System in den Monaten mit „r“ trocknen zu können. Es hat sich vieles verändert in der Zeit bis heute und trotzdem ist die Art der Herstellung immer noch die Gleiche und das traditionelle Handwerk mit überliefertem Fachwissen wird seit über 130 Jahren gelebt.

Beispielsweise musste früher das getrocknete Fleisch keine bestimmte Form haben, das Aussehen der Stücke entsprach unserer heutigen „Urbinde“. Das Getrocknete musste nur gut schmecken und lange haltbar sein. Wichtig war ein Dach über dem Kopf und etwas zu Essen auf dem Tisch. Heute ist es anders. Das Aussehen spielt eine grosse Rolle. Das Bündnerfleisch muss seine charakteristische eckige Form haben. Da der Name geschützt ist, gibt es bestimmte Vorgaben, die eingehalten werden müssen.

 

Fortsetzung folgt …

 

UR-Binde wie anno 1892

Bündnerfleisch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

130 Jahre, seit 1892. Im Zuge unseres Jubiläums wollen wir Ihnen unsere Geschichte erzählen. Wie hat alles angefangen und wie hat sich unsere Tradition entwickelt bis heute? Die faszinierende Geschichte von unserem Handwerk beginnt im Jahr 1892.

Der Urgrossvater von Jörg Brügger, Engelhard Brügger, war von Beruf Landwirt. Früher wurde Schweinefleisch von den Hausschlachtungen eingesalzen und auf dem Balkon getrocknet, um es haltbar zu machen. Rindfleisch zu trocknen kam nicht in Frage, da Kühe als Zugtiere und Milchlieferanten zu wertvoll waren. Eines Tages besuchte ihn sein guter Freund, Reinhard Schmid, der die Metzgerei zur Traube führte in Chur und wollte ihm Kuhfleisch zum Trocknen verkaufen. Für Engelhard war dieses Risiko zu hoch, denn er wusste nicht, ob es jemand kaufen wird oder seine Familie danach ein Jahr lang Bindenfleisch* essen würde? Eine Woche später kam Reinhard Schmid mit 50 Kilogramm Spälte im Gepäck zurück nach Parpan, mit der Bitte diese im Lohn für ihn zu trocknen. Der heutige Gegenwert für diese 50 Kilogramm beträgt ca. 3‘000 Franken. Die Nachfrage war von Anfang an gross und so entstand Ende des 19. Jahrhunderts erstmals ein Markt für Bündnerfleisch.

 

* Der Name Bindenfleisch bekam das Produkt von den Tüchern, in denen es an die frische Luft gehängt wurde.

 

Engelhard Brügger, Städtli, Churwalden, der erste Fleischtrockner, 77 Jahre.

 

Infolgedessen wurde Engelhard Brügger zum Hauptlohntrockner der Familie Schmid. In Chur fand 1913 die bündnerische Industrie und Gewerbe Ausstellung statt, wo Reinhard Schmid mit dem von uns getrockneten Bündnerfleisch und Rohschinken die Goldmedaille gewann. Ebenso erhielt er 1914 an der schweizerischen Landesaustellung in Bern in der Kategorie Nahrungs- und Genussmittel die goldene Medaille. Heute hängen beide Urkunden bei uns im Lädali in Parpan. 1925 übernahm der Sohn von Engelhard Brügger seine Leidenschaft und baute die heutige Trocknerei. Engelhard Brügger jun. war Möbelschreiner von Beruf, im Winter trocknete er Bündnerfleisch und Rohschinken, im Sommer ging er seiner Berufung nach. Dieser Rhythmus hat sich bis heute nicht geändert. Im Winter wird die gesamte Jahresproduktion getrocknet, da es im Sommer zu warm ist. Urgrossvater Engelhard sagte: „ Nur die Monate mit „r“ eignen sich um Fleisch natürlich zu trocknen.“ Also September bis April, jedoch kann der April schon fast nicht mehr dazu gezählt werden, da er in den letzten Jahren zu warm war.

 

Urkunde Goldmedaille, Schweizerische Landesausstellung, Bern, 1914

 

 

 

Heutige Trocknerei im Jahr 1925